Die Cloud ist ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Digitalen Transformation. Sie bietet den Unternehmen viele entscheidende Vorteile. Voraussetzung dafür ist jedoch ein gut überlegte Cloud-Strategie. In dem Interview mit Christian Thiem, Senior Business Analyst bei TT PSC Germany GmbH, geht es um Fragen wie: Was ist bei der Migration in die Cloud zu beachten? Welche Strategien gibt es für die Umsetzung?
Welche Herausforderungen sehen Sie für die Unternehmen, bei deren Transformation in die Cloud?
Christian Thiem: Die Situation ist je nach Größe des Unternehmens und Branche unterschiedlich. Start-Ups haben meist eine sehr hohe Adaptivität gegenüber der Cloud. In kleineren mittelständischen Unternehmen gibt es oft keine IT-Experten mit Fachwissen für die Cloud. Ein Grund dafür ist der Mangel an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt.
Die großen Unternehmen haben jedoch mittlerweile alle eine Cloud-Strategie in der Planung oder befinden sich gerade in deren Umsetzung, weil sie erkannt haben, dass sie die Cloud-Technologien benötigen, um die digitale Transformation umzusetzen und voranzutreiben. Dort bestehen die Herausforderungen dann oft darin, historisch gewachsene eigene Serverarchitekturen transparent darzustellen, um alle Bereiche systematisch und funktional in der Cloud abbilden zu können. Eine große Servicelandkarte, etablierte Prozesse und Tools müssen zu einem neuen Standard zusammengeführt werden und gleichzeitig die Akzeptanz bei den Mitarbeitern erreicht werden. Ebenfalls bedingt die Transformation in den IT-Abteilungen weiteres bzw. verändertes Fachwissen, dass aufgebaut und entwickelt werden muss.
Welche Strategien empfehlen Sie Unternehmen für die Migration in die Cloud?
CT: Viele Unternehmen verfahren nach dem Prinzip „copy and paste“. Bildlich gesprochen nehmen sie einfach ihre Server und packen diese in die Cloud. Dies ist jedoch nicht empfehlenswert, denn dadurch werden die vielseitigen Vorteile der Cloud nicht genutzt. Nur bei einer Migration, bei der Servicestruktur aufgeteilt und in die jeweiligen nativen Applikationen in der Cloud transformiert wird, kann das Potential ausgeschöpft werden. So gibt es beispielsweise bei den großen Anbietern von Cloud-Diensten wie AWS spezielle Dienste für die Netzwerkinfrastruktur oder aber die Rollenzuweisungen für Zugriffsrechte. Diese zu kennen ist komplex, denn von ihnen gibt es mehr als 200 unterschiedliche.
Deswegen empfiehlt es sich, unabhängig von bestehenden Serverstrukturen die Cloud-Infrastruktur komplett neu aufzusetzen. So ist gewährleistet, dass die verschiedenen Applikationen des Cloud-Anbieters optimal genutzt werden. Zwar ist der Aufwand für diese Strategie größer, aber die Folgekosten reduzieren sich aufgrund der vielseitigen Skalierungsmöglichkeiten je nach Bedarf und Nutzung der einzelnen Services. Ein weiterer Vorteil dieser Strategie ist, dass auf einer neu aufgesetzten Cloud-Infrastruktur keine Altlasten mitgenommen werden.
Von welchen Vorteilen können Unternehmen profitieren, die Sie bei der Migration begleitet haben?
CT: Das Wissen über die unternehmensinternen und historisch gewachsenen IT-Infrastruktur ist oft personenabhängig. Wenn diese Wissensträger in den Ruhestand gehen, steht das Unternehmen vor der Herausforderung, das Wissen transparent an nachfolgende Mitarbeiter weiterzugeben. In der Cloud gibt es fest definierte Standards, die für jeden IT-Experten nachvollziehbar sind.
Hinzu kommt, dass für eine on Premise IT-Infrastruktur, je komplexer sie ist, mehr Personal notwendig ist, um diese zu betreuen. Durch Standardisierungen, die Zusammenführung einzelner Lösungen und die Automatisierung von Updates in der Cloud sind weniger Personalressourcen nötig. Auch ein komplettes Outsourcing, bei dem die Wartung der Technologie von einem externen Dienstleister übernommen wird, ist eine Option, um unternehmensinterne Personalressourcen einzusparen bzw. diese an anderer Stelle effektiv ein zusetzen, beispielsweise im Support. Ein weiterer Vorteil ist die transparente Kostenkontrolle. In der Cloud ist eine Aufschlüsselung pro Bereich oder Departement möglich, was on Premise, wenn überhaupt, nur mit einem sehr hohen Aufwand verbunden ist. Was die Sicherheit betrifft, erfüllt die Cloud Sicherheitsstandards auf dem höchsten Niveau. Regelmäßig Wartung und Pflege der Dienste durch den Anbieter sorgen dafür, dass die in der Cloud gehosteten Daten stets entsprechend der neuesten Standards gesichert sind. Die großen Cloud-Anbieter halten zusätzliche Ressourcen vor, die eine Ausfallsicherung gewährleisten.
Was empfehlen Sie Unternehmen, bei der Umsetzung unbedingt zu beachten?
CT: Besonders bei der Planung ist es wichtig, dass Unternehmen sich genügend Zeit nehmen. Am besten erfolgt diese Phase gemeinsam mit Experten, also Architekten, die zertifizierte Partner des Cloud-Anbieters sind. In Workshops werden gemeinsam mit den Unternehmen basierend auf deren bestehender IT-Infrastruktur ein Architekturschaubild erarbeitet. Berücksichtigt werden sollten dabei auch horizontale Synergieeffekte, um Möglichkeiten zu finden, Herausforderungen aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzuführen und mit der neuen Lösung abzudecken. Anhand von User Stories und der Auswahl passender Cloud-Produkte wird dann der Sollzustand definiert. Dabei ist es wichtig, dass die Umsetzung anhand einer systematischen Methodik erfolgt. Die schrittweise Umsetzung in einzelnen Stufen gibt den Mitarbeitern die Möglichkeit, sich einzuarbeiten, was wiederum auch zu einer höheren und verbesserten Akzeptanz führt. Auf jeden Fall ist der Wille, die Bereitschaft und die Überzeugung für den Wechsel in die Cloud wichtig.
Vielen Dank, dass Sie Ihr Fachwissen mit uns teilen.
Das Interview führte: Svenja Kratz, Regional Marketing Lead DACH.