Maßgeschneidert auf Anforderungen angepasst und das Endprodukt individuell gefertigt – diese Aspekte lassen Kundenherzen höherschlagen. Was früher einen expliziten und hochpreisigen Auftrag bedeutete, kann heute bei vielen Anbietern online mit nur wenigen Klicks zusammengestellt werden.
Beim Kauf eines neuen Kühlschranks oder bei der Konfiguration eines neuen Autos wachsen die Möglichkeiten mit jedem Klick exponentiell. Doch was steckt hinter dieser Eingabemaske?
Ein Blick in die Welt des Variantenmanagements und dessen Auswirkungen auf das Product Lifecycle Management (PLM).
Benefits vom Variantenmanagement im PLM
- Wettbewerbsvorteile durch Produktverbesserungen auf Basis von Modulen und Varianten
- Konfigurierbare Produktstrukturen und Auswahlkataloge
- Transparenter und durchgängiger Ansatz zur Verwaltung von großen Datenmengen
Systeme modular verstehen
Erfolgreiche Unternehmen bündeln eine unglaubliche Expertise für ihre Produkte. Oft aber unterscheiden sich die Sichtweisen auf das Produkt über Abteilungsgrenzen enorm. Der Vertrieb baut sein Angebot modular in einer Tabelle zusammen, die Entwicklung arbeitet danach linear die Einzelaufträge ab. Synergien mit bereits erbrachten Ingenieursleistungen werden maximal durch die „Speichern Unter“ Funktion genutzt. Wenn in der Produktentwicklung diese lineare Denkweise verankert ist, dann ist auch sichergestellt, dass Nachfolgeprozesse wie Beschaffung und Fertigung jede Teileliste (Bill of Material – BOM) aufs Neue bearbeiten. Vergleichsweise hohe Aufwände sind die Folge – Aufwände, die kaum hinterfragt werden, solange die Marge mal mehr oder auch mal weniger passt.
Doch was passiert, wenn ein Produkt neu gedacht wird? Die Konstruktion hat nicht mehr das Gesamtprodukt im Blick, viel mehr schweben, wie in einer Explosionszeichnung, die einzelnen Module im Raum. Nach einer Auswahl setzen sich diese Module perfekt zusammen und ergeben ein fertiges Produkt.
- Ein System ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.
Diese Ansicht kann erreicht werden, wenn die Konstruktion es schafft, das Produkt nicht in tausend Einzelteile, sondern in Module mit einer stimmigen Größe zu zerlegen. Diese Module erfüllen spezielle Funktionen und Anforderungen, zudem sind sie über definierte Schnittstellen zu anderen Modulen einfach austauschbar. Das Gesamtprodukt wird zu einem System, einzelne Module haben eine Größe, bei der Änderungen und Verbesserungen handhabbar werden. Das Gesamtprodukt entsteht letztendlich durch das Zusammenspiel der einzelnen Module.
Denkweise im Engineering etablieren
Damit ein Produkt von Modulen und Varianz profitiert, ist es essenziell, diese Denkweise im Engineering zu verankern. Produkte verbessern sich, was zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen für Unternehmen führen kann.
Die Entwicklung und Konstruktion können sich als zentraler Dreh- und Angelpunkt betrachten, der bestimmt wie ein Produkt in allen Prozessen des Unternehmens wahrgenommen wird. Wird zum Beispiel eine Befestigung jedes Mal aufs Neue gedacht und konstruiert, ist eine Optimierung für die Montage kaum möglich. Geringe Abweichungen in der Konstruktion werden immer wieder zu Problemen beim Zusammenbau führen. Auch der Vertrieb profitiert erst dann davon, wenn bestimmte Größen dieser Befestigung im Engineering definiert sind. Sind die Größen 50, 80 und 100 etabliert, kann der Vertrieb damit auf den Markt gehen. Wichtig ist es, dass dem Kunden keine Zwischengrößen angeboten wird, da alle Prozesse im Unternehmen für die Sonderfertigung neu geprüft werden müssten.
Die Frage wird sich stellen, wo im Engineering begonnen werden soll, ein Produkt modular zu beschreiben, denn das „Engineering“ ist ein riesiges Gebiet.
Product Lifecycle Management hat sich der Aufgabe verschrieben, ein Produkt über den gesamten Lebenszyklus zu beschreiben, weshalb sich auch hier die größten Auswirkungen auf alle anderen Domänen ergeben. Zu Beginn ist es von zentraler Bedeutung eine Engineering BOM (eBOM) zu definieren, die in Module aufgebaut ist, die versteht welche Kriterien welche Module aktivieren und letztendlich auch allen anderen Systemen vorgibt, wie das modulare Produkt strukturiert ist.
PLM-Software, was sie leistet und was nicht
Um PLM sinnvoll zu betreiben, haben sich Softwarelösungen etabliert, die Unternehmen bei der Verwaltung der riesigen Datenmengen unterstützen. Aus sehr vielen Standardfunktionalitäten wird bei einer PLM-Implementierung das gewählt, was auf das Produkt und die Unternehmensprozesse passt. Auch zum Thema Variantenmanagement gibt es diverse Funktionalitäten, die erlauben, eine konfigurierbare Produktstruktur und einen Auswahlkatalog zu definieren.
- Die Software unterstützt die Arbeitsweise. Die Arbeitsweisen zu optimieren ist die Pflicht des Unternehmens.
Die Erfahrung zeigt, dass es unabdingbar ist, auf spezielle Aspekte bei der Einführung von Variantenmanagement im PLM zu achten:
- Module und Architektur: Modulgrößen und Schnittstellen definieren, Produktstruktur überdenken, Objekte im PLM-System erstellen
- Optionen: Auswahlmöglichkeiten definieren, mit Modulen verknüpfen, Abhängigkeiten unter den Auswahlmöglichkeiten erstellen
- Konfigurationen: Ableitung einer 100% Stückliste etablieren
- Schnittstellen: ERP, CPQ und andere Systeme in Gesamtprozess einbinden, festlegen welche Informationen welches System speichert
Am Ende müssen viele kleine Softwarerädchen ineinandergreifen. Das System wird nicht entscheiden, ob der gewählte Ansatz zu Unternehmen und Produkt passt, diese Entscheidung muss von unterschiedlichen Experten aus IT und Business getroffen werden.
Mit Strategie zum Variantenmanagement
Variantenmanagement ist definitiv eine Disziplin, die auf vielen Funktionen im PLM fußt. Grundsätze wie Teile-, Dokumenten- oder Änderungsmanagement sollten bereits geklärt sein, damit weiterführende Entscheidungen für Variantenmanagement eine Basis haben.
Aufgrund der vielen Aspekte, die ein erfolgreiches Variantenmanagement ausmachen, wird es nicht möglich sein, mitten im Betrieb das PLM-System umzustellen und am Tag darauf mit Variantenmanagement zu arbeiten. Ein Softwareprojekt mit der Einbindung der richtigen Personen aus dem Business, der passenden Beratung und einem angemessenen Zeitraum führt in der Regel zur erfolgreichen Implementierung.
Zu Beginn gilt es ein Konzept aufzusetzen, wie sich Variantenmanagement in die bestehende Unternehmenslandschaft fügt. Mit dem Konzept kann ins weitere Rennen gegangen werden, wenn es von der IT bezüglich der Umsetzbarkeit und vom Business auf künftige Arbeitsweisen validiert wurde. Mit der richtigen Beratung an der Seite kann in der Konzeptphase bereits sichergestellt werden, dass die verwendete Softwarearchitektur “state-of-the-art“ und tragfähig ist.
Um Projektrisiken im Sinne von Frontloading gering zu halten, ist eine Pilotierung in den meisten Fällen der sinnvolle nächste Schritt. Die IT ist dafür verantwortlich Testsysteme auf Variantenmanagement zu konfigurieren. Ein Softwarepartner unterstützt auch hier in der Regel mit der nötigen Expertise und zusätzlicher Kapazität. So kann untersucht werden, ob und wo das erarbeitete Konzept noch Lücken hat. Iterativ und agil kann dann auf mögliche Probleme reagiert werden. Ein reales Produkt des Unternehmens für die Beispieldaten zu verwenden ist unabdingbar, da nur so alle Eigenheiten berücksichtigt werden können.
Bei der letztendlichen Realisierung für den Betrieb müssen viele Entscheidungen getroffen werden, die große Auswirkungen auf die tägliche Arbeit vieler Beschäftigter hat. Ein Software-Integrationspartner an der Seite hilft, um kritische Punkte zu erkennen und den richtigen Weg bei Entscheidungsfindungen zu bewahren. Referenzen aus anderen Projekten geben wichtige Unterstützung, um ein System bestmöglich einzurichten.
Um langfristig mit Variantenmanagement die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, gilt es das Projekt mit Organizational Change-Management zu begleiten, da eine Umstellung immer mit der Einführung und Änderung von Prozessen einhergeht. Mitarbeitende müssen geschult werden und den neuen Ansatz verinnerlichen.
Werden die beschriebenen Punkte erfolgreich bewerkstelligt steht nichts mehr im Wege, um mit einem modularen Produktverständnis einen zukunftsweisenden Schritt zu machen.
Leitfaden für ein erfolgreiches Variantenmanagement
- PLM Grundfunktionalitäten als Voraussetzung im Unternehmen etablieren.
- Das richtige Team aus IT und Business zusammenstellen.
- Konzept zur Einbindung in die bestehende Unternehmenslandschaft erstellen.
- Pilotierung auf Testsystemen.
- Realisierung
- Mitarbeiter schulen und eine hohe Anwenderakzeptanz sicherstellen.